Chronik der Kolonie Gemütlichkeit e.V.

Gegen Ende des 2. Weltkrieges, als immer mehr Menschen Ihre Wohnungen durch die Kriegseinwirkungen verloren, entstanden hier in Charlottenburg Nord eine Vielzahl von Siedlungen, in denen die wohnungslos gewordenen Arbeiter, die in Tiergarten Nord und im Bereich Siemensstadt befindlichen kriegswichtigen Fabriken arbeiteten, eine neue Unterkunft fanden.

Nach Kriegsende änderte sich das schnell, und so entstand bereits im Herbst 1945 die Kolonie Gemütlichkeit. Sie bestand damals aus 7 Parzellen. Erst in den Jahren 1952 und 1953 wurde das gesamte Gebiet zwischen Heckerdamm und Goerdelerdamm neu eingeteilt. Die Kolonie Gemütlichkeit wuchs von einen Tag auf den anderen auf 150 Parzellen. Zunächst wurden die Verträge auf ein “Grabeland" ausgestellt. Alle fanden mehr oder weniger Brachland vor, welches von Jahr zu Jahr mehr kultiviert wurde. Durch die Umwandlung des Goerdelerdamms zur Stadtautobahn verlor die Kolonie 13 ihrer Parzellen. Durch Teilung einiger großer Parzellen ist dieser Verlust aber wieder ausgeglichen worden. Die letzte Vergrößerung fand durch Teilung 1992 statt, so daß die Kolonie im Jahre 1995 insgesamt 152 Parzellen hat.

Der Aufbau der "Lauben" und die kleingärtnerische Nutzung waren zunächst recht primitiv und erfolgte in erster Linie zum Anbau von Obst und Gemüse für den Eigenbedarf. An Wasser und Strom war natürlich noch nicht zu denken. Lauben wurden aus allem erstellt, was sich irgendwo finden ließ. Mauersteine aller Gruppierungen wurden zusammengetragen, damit ein kleines Reich entstehen konnte.

Bald verfügten auch die meisten Gärten über eine eigene Pumpe, die allerdings mit der Grundwasserabsenkung beim U-Bahnbau versiegte. Um den Schaden so gering wie möglich zu halten, wollte uns die U-Bahnverwaltung eine provisorische Wasserleitung mit einer Zapfstelle alle 100 Meter erstellen. Durch intensiven Einsatz und Überzeugungsarbeit des Bezirksverbandes und des damaligen Vorsitzenden Gartenfreund Borchert wurde uns eine Sommerleitung mit Einzelanschlüssen erstellt, die dann später in den Besitz der Kolonie überging. In den 80er Jahren wurde diese dann in eine winterfeste Wasserleitung umgebaut.

Gleiches galt beim Strom. Zunächst entstand eine Überlandleitung, an der sich aber nicht jeder Gartenfreund beteiligte. Zu dieser Zeit ( selbst noch heute ) gab es Gartenfreunde, die diesen Luxus ablehnten. Und auch diese Leitung wurde in bewährter Gemeinschaftsarbeit in die Erde versenkt.

Als in den 60er Jahren das Fernsehzeitalter begann, schwand das Interesse an Festen in der Kolonie. Man erinnert sich an die Straßenfeger "„soweit die Füße tragen"“ und "„das Halstuch“". Bedingt dadurch begann unser alter Festplatz zu verkommen. Nichts geschah mehr. So entschloss sich der Vorstand diesen zu parzellieren. Wieder wurden in bewährter Gemeinschaftsarbeit die bescheidenen Aufbauten - Stehklo etc. - einschließlich der großen Betonfläche entfernt.

So entstanden nach den neuen Richtlinien kleinere Parzellen von 250 m², mit Lauben von nicht mehr umbauter Fläche als 24 m². Ein Raunen ging durch die Kolonie und man wollte es nicht glauben, dass nur noch derartige Größen gestattet sein sollen. Man erinnere sich an die Worte "so klein niemals"!

Vieles ist weiterhin geschaffen worden. So entstand auch in den 80er Jahren das Vereinshaus, welches sich aber schon bald als zu klein herausstellte und vergrößert werden musste - was auch geschah. Hier gilt ein besonderer Dank an alle Gartenfreunde die bei solchen Großaktionen immer wieder mit Eifer bei der Sache waren und nicht nur darauf bedacht waren ihre "Pflichtstunden" zu erfüllen.

Seit etwa 10 Jahre bemühen wir uns nun schon unsere Wege in einen ordentlichen Zustand zu bringen. Teilweise ist dies bereits sichtbar gelungen.

Alle Jahre wieder wird auch das beliebte Kinderfest durchgeführt, welches immer gut besucht ist. Besonders stolz können wir auch darauf sein, dass viele Parzellen nach Aufgabe in den Besitz der Kinder gegangen sind. Nicht von ungefähr kommt es deshalb, dass für eine Vielzahl von Parzellen bereits die Kinder als Nachfolgebewerber eingetragen sind.

Nach der Maueröffnung kam es dann auch kurzzeitig zu Kontakten mit der Kolonie Gemütlichkeit III in Treptow. Dieser ist dann aber leider relativ schnell wieder abgebrochen, da die Auffassung im Wesentlichen doch unterschiedlich war.

Nicht zu vergessen die kurze Phase, als der Senat die Absicht hatte, durch unsere Kolonie einen großen "Grüngürtel" zu ziehen. Einen breiten Spazierweg mit Radwegen und Grillplätzen sollten unsere Lauben weichen. Mit vereinten Kräften und durch die Solidarität aller Charlottenburger Kleingärtner konnte dieser Spuk schnell beendet werden.

Nunmehr sind wir im Flächennutzungsplan als Dauergrün ausgeworfen und warten auf die Übernahme vom Grundstücksamt. Damit wäre ein weiteres Kapitel der Geschichte der Kolonie abgeschlossen.

Vieles ist bereits geschaffen aber auch eine Menge bleibt zu tun. Nur mit Unterstützung aller kann diese Arbeit gemeistert werden, wobei wir den Namen unserer Kolonie nie vergessen sollten, nämlich:

Gemütlichkeit